Warum Hass blind und gefährlich ist

Nicht nur im Internet wird Hass geschürt, auch die Politik nützt ihn.

 

Die deutsche und die französische Regierung haben ihre gesetzlichen Regelungen gegen den Hass im Internet angepasst. Twitter und sogar Facebook lassen US-Präsident Trump und andere nicht mehr ungehindert jede Hassmeldung unwidersprochen verbreiten. Bedeutet das, dass der Hass im Netz verschwinden wird? Dies lässt sich leider ebenso mit Nein beantworten, wie die Frage, ob die Wahlkämpfe in Zukunft sauberer, ehrlicher und konkreter werden.

Über den Hass im Internet wird derzeit viel diskutiert. Weniger beleuchtet wird der Hass als Werkzeug in der Politik. Die Ohnmacht, die manche Menschen spüren und die eine der Wurzeln für Hass ist, wird für politische Ziele nach wie vor ausgenützt und bewusst genährt.

Hass und Neid gehören zusammen

Hass bedeutet extreme Ablehnung. Im Gegensatz zur Wut, die sich entlädt oder verpufft, hat Hass die Tendenz zum Wachstum. Hass ist nicht einfach auslöschbar, schon gar nicht verbietbar, sondern kann nur mit viel Mühe geheilt werden. Das bedeutet nicht, dass Hass eine Krankheit ist. Er ist das, was bleibt, wenn jemand oder eine Gruppe immer wieder ungerecht behandelt wird – oder sich so fühlt. Neid ist eine gute Basis für Hass, und Hass ebbt nicht einfach ab, er sucht nach einer finalen Lösung. Er zielt auf Vernichtung. Da er sich in seiner Wucht immer auch nach innen richtet, schadet er ebenso der hassenden Person, sodass diese sich nie besser fühlt.

Genau das macht Hass so gefährlich. Er zielt immer wieder auf ein neues Objekt und sorgt dafür, dass sich dieses ebenso ohnmächtig fühlt, da weder Argumente noch Friedensangebote helfen. So beginnt eine Spirale von Hass und Gewalt.

Hass in der Politik

Hass ist aber auch erlernbar, und das finden manche PolitikerInnen oder ihre BeraterInnen praktisch. Gezieltes Platzieren von Falschmeldungen ist ein Weg, doch es geht subtiler, indem man Missgunst schürt. Warum hat oder darf der, was andere nicht haben oder dürfen? Da richtet es sich einer, und weil man das selbst nicht kann und nie in die Position kommen wird, es zu können, entstehen Verachtung und Neid, die genährt werden können und zu Hass mutieren. In Deutschland sind Pegida und die AfD auf diese Weise entstanden. Die FPÖ bedient sich immer wieder solcher Szenarien, leider nicht nur sie.

Gegen den Hass im Internet werden Gesetze entworfen, der Hass in der Politik wird hingenommen. Die Aufarbeitung des Ibiza-Skandals führt es ebenso vor Augen wie die Rassismusdebatte oder noch immer die Gleichberechtigung von Frauen. Das ist durch sich ständig wiederholende Propaganda möglich, denn Hass schadet nicht nur Menschen, sondern vernichtet auch Themen. Wird ein Thema lange intensiv mit Hass belegt, richtet sich dieser irgendwann gegen das Thema an sich. Backfire heißt das in der Wissenschaft, oder „Gegenfeuer“, denn das häufige Gegenargument versickert nicht nur, sondern macht die Situation schlimmer.

Als Folge zeigt sich Hass als Missionierung: Jemand ist anderer Meinung und da mich diese Meinung bedroht, muss ich missionieren. Das Gegenüber wird als fremd empfunden, weil man sich immer nur in der eigenen Echokammer bewegt und keine andere Meinung mehr kennt. Dann füllt man dieses Gegenüber unbewusst mit Klischees und irgendwann glaubt man an das Bild, das man selbst geschaffen hat. Dann wird es leichter zu hassen.

Das Schlimmste: Niemand ist gefeit davor. Plötzlich spürt man Hass, ist hilflos und kennt nur noch den Schritt nach vorne. Und spätestens dann macht Hass blind, bis hin zur Gewaltanwendung. Hier ist der Hass dem Faschismus verwandt, der ebenfalls mit Neid und der Ausschließung der anderen agiert.

Da kommen die PolitikerInnen wieder ins Spiel, denn Faschismus ist hierarchisch ausgerichtet und sein Hass orientiert sich an dem, was von oben vorgegeben wird. Wer nicht mitmacht, darf ausgeschaltet werden. Daher braucht es klare Regeln, um Menschen vor Hass zu schützen. Mit einem Gesetz allein ist es nicht getan. Es werden Begleitmaßnahmen notwendig, ebenso wie PolitikerInnen, die aufgrund ihrer eigenen Handlungen und Lebensweise Vorbild sein können. Das klingt schon wieder so banal, doch es ist tatsächlich sehr einfach. Wenn PolitikerInnen so leben, wie sie reden, aufeinander zugehen und ernsthaft miteinander reden, richten sie mehr für Frieden in der Gesellschaft und ein sozial wie ökonomisch gutes Miteinander aus, als mit so manchem Gesetz. Denn Demokratie braucht Freiräume, doch meine Freiheit findet dort ein Ende, wo ich andere bedrohe. Das gilt auch für PolitikerInnen.

 

Zuerst erschienen in Dolomitenstadt.