Statt auf die Ideen von Jugendlichen einzugehen werden ihre Motive angezweifelt.
Politik findet häufig jenseits von jugendlichen Interessen statt. Damit ist nicht gesagt, dass die Jugend unpolitisch sei. Eher ist das Gegenteil der Fall, doch gehört werden die Jugendlichen selten. Lieber werden ihre Motive angezweifelt, als dass auf ihre Ideen eingegangen würde. Das gilt nicht nur für das Thema Klimawandel.
Die Themen der Jugend sind selten jene der älteren Generationen. Das ist verständlich. Die Älteren teilen sich die Macht, die Jüngeren dürfen später für die politischen Entscheidungen Ersterer zahlen. Verständlich ist das nicht, neu auch nicht. Nur wird es immer deutlicher sichtbar, nicht zuletzt durch Instagram und Co. Ohne diese wäre Greta Thunbergs Engagement kaum jemals sichtbar geworden und erst diese Medienauftritte begannen einen gewissen Druck auf Regierungen zu machen, das Thema Klimawandel zumindest anzusprechen.
Jugendliche machen kleine aber konkrete Schritte
Im Juni 2019 wurde eine Trendumfrage von Marktagent veröffentlicht, für die 2.264 Personen in Österreich zwischen 14 und 29 Jahren befragt wurden. Hauptsächlich ging es um die Folgen der Digitalisierung, so wünschen sich drei Viertel eine digitale Auszeit – was natürlich nicht bedeutet, dass sie diese jemals umsetzen würden. Die Umfrage ging im Wirbel der innenpolitischen Ereignisse rund um das Ibiza-Video unter. Dabei zeigte sie einige interessante Ergebnisse, wie jenes, dass mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen für ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre. 10 Prozent ernähren sich vegetarisch oder vegan, 94 Prozent gaben an, ihre Einkäufe in mitgebrachten Sackerln ohne Plastik zu transportieren.
Man mag das als kleine Schritte betrachten, doch es sind konkrete Schritte, während auf politischer Ebene international Versprechungen abgeliefert werden. Man denke nur an die vielen Klimakonferenzen, deren Ergebnisse stets unter den Erwartungen liegen und deren Arbeitspakete meist Jahre betreffen, die weit hinter der Amtszeit der aktuell Regierenden liegen. So kann man die Bürde bequem seinen NachfolgerInnen anlasten und doch das eigene Image aufwerten.
Die Politik sollte die Jugend mitentscheiden lassen
Vergleicht man Umfragen unter Jugendlichen, stehen Klimawandel, die Sorge um natürliche Ressourcen, ein Leben in Glück und Menschenrechtsthemen im Vordergrund. So gesehen kann man sich nur wünschen, dass die Jugend an die Macht kommt. Doch bis dies der Fall ist, sind die jeweiligen Jugendlichen keine solchen mehr. Selbst der aktuelle Bundeskanzler fällt weder statistisch noch verhaltensmäßig unter die Jugendlichen. Auch seine Ansichten liegen zuweilen konträr zu jenen vieler Jugendlicher, was bei den letzten Nationalratswahlen wenig Einfluss hatte, denn da wählten immerhin 27 Prozent der bis 29-Jährigen die ÖVP. Ebenso viele wählten die Grünen und erstaunliche 20 Prozent die FPÖ, wobei dies wesentlich mehr junge Männer als junge Frauen taten. Nicht nur für die SPÖ bedeutet dies ein massives Problem. Alle Parteien wären gut beraten, sich den Jüngeren zuzuwenden.
Die Jugendlichen werden ihre kleinen Schritte weitergehen und damit hoffentlich viele Erwachsene mitreißen. Sie brauchen aber auch Unterstützung, wie den Zugang zu politischen Ämtern. Damit dies sinnvoll ist, bräuchten sie zunächst mehr politische Bildung – eine politische Bildung, in der sie lernen, soziale, ökologische und ökonomische Projekte zu entwickeln und diese auch umzusetzen – und da spielt die regionale Ebene eine große Rolle.
Wo sind die Jungen in der Regionalpolitik?
Man sehe sich die Parteilisten auf regionaler Ebene an. Wo gibt es junge Menschen, die an wählbarer Stelle sind und ohne Druck von oben Themen setzen dürfen? Welche PolitikerInnen geben jemals Jüngeren die Chance, sich zu entwickeln und Ideen umzusetzen? Auf Instagram sind sie auf den verschiedensten Events sichtbar, doch Macht wird an Jugendliche kaum gegeben. Eher geschieht dies gegen den Willen der Parteien.
In Monheim, einer 40.000-Einwohner-Stadt zwischen Köln und Düsseldorf, zeigt ein junger Bürgermeister – er wurde mit 27 gewählt – vor, dass man Nachhaltigkeit und Lebensqualität nicht nur predigen, sondern tatsächlich umsetzen und dabei auch noch Schulden abbauen kann. Erreicht wird das von Daniel Zimmermann, indem er jugendlich querdenkt und nicht den alten Strukturen folgt. Mit den alteingesessenen Parteien hat er nichts zu tun. Dementsprechend kommt von dort viel Kritik. Diese spiegelt bloß Angst, und genau jene spürt man auch in Österreichs (Regional-)Politik. Hübschsein auf Instagram ist im Namen der Parteien für Junge erlaubt, eigene Gedanken zu haben eher nicht.
Die Tatsache, dass junge Menschen wieder auf die Straße gehen und parallel dazu bereit sind, ihr Leben zumindest ansatzweise ihren politischen Anliegen anzupassen, müsste ein Weckruf für die Parteien sein. Wenn sie dies nicht sehen, werden sie sich politischen Bewegungen gegenüber sehen, die keine Parteiapparate mehr brauchen und doch die Wahlen gewinnen, denn Jugendliche haben Träume – und sie haben auch die Energie und die Kreativität, diese umzusetzen. Immerhin geht es um ihre Zukunft.
Erstmals erschienen in: Dolomitenstadt